Nachteilsausgleich/NACH-teils-aus-GLAIKH/
Anpassungen von Umgebung, Werkzeugen, Zeit oder Erwartungen, die Barrieren abbauen und gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen.

Andy sagt:
Wenn eine Tür schwer ist, hilft ein Türöffner allen. Nachteilsausgleich ist der Türöffner für Gehirne und Körper.
Detaillierte Erklärung
Nachteilsausgleich zielt auf Barrieren – nicht auf „Vorteile“. Er verändert das Wie (Licht, Lärm, Zeit, Anweisungen, Interfaces), damit Menschen Aufgaben erreichen und Fähigkeiten zeigen können. Für neurodivergente Menschen betrifft das oft Sinnesumgebung, Exekutivfunktionen, flexible Kommunikation und Vorhersagbarkeit. Standards bleiben, der Weg wird angepasst.
Beispiele nach Bereich:
- Sensorik: dimmbares Licht, Ruheräume, Noise‑Cancelling, duftfreie Bereiche
- Zeit/Takt: Zeitverlängerung, Puffer, flexible Fristen, asynchrone Optionen
- Information: schriftliche Zusammenfassungen, visuelle Pläne, Checklisten, gestückelte Anweisungen
- Kommunikation: Text‑first, Kamera optional, Unterstützte Kommunikation (UK), Agenda im Voraus
- Aufgaben: Fokusblöcke, Body Doubling, klarer „erster Schritt“ und Scope
Community-Kontext
Neurodivergente Communities betonen, dass Nachteilsausgleich entstigmatisiert werden muss. Er reduziert Maskierungsdruck, unterstützt Regulation (Stimming, Bewegung) und ist zentral für neuroaffirmative Praxis. Universal Design (UD) nützt allen.
Kurz-Tipps
- Optionen standardmäßig anbieten (schriftlich + mündlich; Kamera optional; Ruheraum)
- Nachteilsausgleich in Richtlinien verankern statt auf Einzelbitten zu warten
- Klein starten: eine sensorische, eine zeitliche, eine informationsbezogene Anpassung
Do / Don't
- Do: gemeinsam entwickeln; Vereinbarungen dokumentieren; Wirksamkeit prüfen
- Do: Hilfsmittel als Standardoption anbieten (Timer, Kopfhörer, Sonnenbrille, UK)
- Don't: Offenlegung verlangen, um Basis‑Optionen zu erhalten
- Don't: Supports als „Gefallen“ behandeln oder als „Test“ wieder entziehen
Für Schule und Arbeitsplatz (DACH)
- Schule: visuelle Tagespläne, Bewegungspausen, alternative Leistungsnachweise, Zeitverlängerung
- Arbeit: schriftliche Erwartungen, flexible Zeiten, Ruheräume, Aufgabenteilung Fokus vs. Meetings
- Remote/Hybrid: asynchrone Beteiligung, Mitschriften/Transkripte, Chat‑Q&A
Hinweis: Dieser Abschnitt ist eine Orientierungshilfe und keine Rechtsberatung.
Wissenschaftlicher Kontext
Evidenz aus Bildung, Arbeitsmedizin und HCI zeigt, dass Umwelt‑ und Aufgabenanpassungen Leistung erhöhen, Stress senken und Bindung fördern. Konzepte wie UD/UDL und Person‑Umwelt‑Passung verlagern den Fokus von „Person reparieren“ zu „Kontext gestalten“.
Sprachliche Hinweise
Auch „Anpassungen“, „Unterstützungen“ oder „Barriereabbau“. Nicht zu verwechseln mit „Modifikationen“ (Änderung des Ziels/Standards).
Verwandte Begriffe
Neuroaffirmativ
Räume, Praktiken und Haltungen schaffen, die neurodivergente Menschen so akzeptieren und unterstützen, wie sie sind – statt sie zu verändern, zu „reparieren“ oder Unterschiede zu verbergen.
Exekutive Dysfunktion
Schwierigkeiten mit mentalen Fähigkeiten wie Arbeitsgedächtnis, flexiblem Denken und Selbstkontrolle.
Sensorische Verarbeitungsstörung
Ein Zustand, bei dem das Gehirn Schwierigkeiten hat, Informationen zu empfangen und darauf zu reagieren, die über die Sinne kommen.
Maskieren
Bewusstes oder unbewusstes Verbergen der eigenen neurodivergenten Eigenschaften, um sich an neurotypische Erwartungen anzupassen.
Autistischer Burnout
Ein Zustand intensiver körperlicher, geistiger und emotionaler Erschöpfung, den autistische Menschen erleben.
Zeitblindheit
Schwierigkeit, den Verlauf der Zeit wahrzunehmen oder einzuschätzen, wie lange Aufgaben dauern werden.
Body Doubling
Eine Produktivitätsstrategie, bei der eine andere Person neben dir arbeitet, um dir zu helfen, dich auf eine Aufgabe zu konzentrieren.
Quellen
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