Alexithymie/a-lek-si-ty-MIE/

Die Unfähigkeit, eigene Emotionen zu identifizieren und zu beschreiben. Du fühlst Dinge intensiv, kannst sie aber nicht benennen—wie einen komplexen emotionalen Sturm haben, aber nur sagen können "Ich fühl mich schlecht." Betrifft 50-85% autistischer Menschen.

andy.alt

Andy sagt:

Deine Emotionen sind farbenblind. Alle fragen "Bist du traurig? Wütend? Ängstlich?" und du so "Ich weiß nicht, ich fühl nur... schlecht? Falsch? Irgendwas?" Es ist als hätten deine Gefühle vergessen, mit Etiketten zu kommen. Deine Therapeutin fragt "Wie fühlt sich das an?" und dein Gehirn meldet FEHLER 404: EMOTION NICHT GEFUNDEN. Du bist nicht emotionslos—du ertrinkst in namenlosen Gefühlen. Dein Körper schreit Signale, aber sie sind in einer Sprache die du nie gelernt hast. Jemand fragt warum du weinst und ehrlich, du hast keine Ahnung. Könnte Trauer sein, könnte Überforderung sein, könnte sein weil du vor drei Stunden einen netten Hund gesehen hast.

Aktualisiert 2025-01-27
Quellen: Neurodivergent Community
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Detaillierte Erklärung

Alexithymie bedeutet "ohne Worte für Emotionen" (Griechisch: a=ohne, lexis=Worte, thymos=Emotionen). Es ist nicht Emotionen fehlen—es ist die Sprache fehlen, sie zu beschreiben.

Was in Alexithymie passiert:

  • Emotionen existieren und sind oft intensiv
  • Gehirn kann Gefühle nicht in Worte übersetzen
  • Körpersignale verbinden sich nicht mit Emotionsetiketten
  • Physische Empfindungen bleiben mysteriös

Die Interozeptionsverbindung: Wenn du Herzschlag, Muskelspannung oder Bauchgefühle nicht klar spüren kannst (schlechte Interozeption), kannst du nicht erkennen dass rasender Puls = Angst oder enge Brust = Trauer. Das Körper-Emotions-Wörterbuch fehlt Seiten.

Beispiele aus dem Alltag

Der Therapie-Kampf: "Wie fühlt dich das an?" fragt die Therapeutin. Maria starrt leer. Sie weiß, etwas passiert innen—Brust eng, Magen dreht sich—aber fühlen? Die Frage könnte auch auf Sumerisch sein. Sie sagt "aufgewühlt" weil das sicher ist, aber es könnte Trauer, Wut oder Verdauungsstörung sein.

Die Beziehungsverwirrung: Toms Partner fragt "Was ist los?" Er weiß es wirklich nicht. Sein Körper schreit Notsignale aber sie sind unbeschriftete Pakete. Ist er wütend über Arbeit? Traurig über seinen Vater? Hungrig? Alles was er sagen kann ist "Ich fühl mich schlecht" während sein Partner frustriert wird über seine "emotionale Nichtverfügbarkeit."

Praktische Strategien

Emotionsvokabular aufbauen:

  • Mit Körperempfindungen beginnen: eng, schwer, leicht, kribbelnd
  • Emotionsräder und Charts nutzen
  • Intensität bewerten (1-10) vor Benennung
  • "Ich weiß nicht" als valide akzeptieren
  • Metaphern versuchen: "fühlt sich wie Sturm" oder "wie Rauschen"

Der HALT+ Check: Hungrig? Angry (wütend)? Lonely (einsam)? Tired (müde)? +Überfordert? Überstimuliert? Unterstimuliert?

Community-Kontext

Die neurodivergente Community hat umfassende Unterstützungen entwickelt:

Prävalenz:

  • 50-85% autistischer Menschen
  • 30-50% von ADHS-Menschen
  • Höher bei denen die stark maskieren
  • Kann nach Trauma entstehen

Für Familie und Betreuer

Euer geliebter Mensch ist nicht emotional nichtverfügbar oder kalt:

  • Sie haben intensive Gefühle aber keine Worte
  • "Ich weiß nicht" bedeutet buchstäblich das, nicht Widerstand
  • Physische Symptome SIND oft die Emotionen
  • Sie kümmern sich tief aber können es nicht immer ausdrücken

Für Schule und Arbeitsplatz

Lehrkräfte: Schüler*innen mit Alexithymie brauchen:

  • Emotionsvokabular-Unterricht
  • Multiple Ausdrucksmethoden (Kunst, Bewegung, Schreiben)
  • Konkrete statt abstrakte Sprache
  • Regelmäßige emotionale Check-ins

Arbeitgeber: Arbeitsplatzbedürfnisse unterstützen:

  • Klare, direkte Kommunikation
  • Fokus auf Aufgaben nicht emotionalen Ausdruck
  • Verarbeitungszeit erlauben
  • Schriftliche statt verbale emotionale Diskussionen

Intersektionalität & Variation

  • Autismus: 50-85% Prävalenz, oft mit schlechter Interozeption
  • ADHS: 30-50% Prävalenz, Emotionen gehen in Hyperaktivität verloren
  • Trauma: Kann sekundäre Alexithymie entwickeln
  • Kultur: Manche Kulturen haben reichere Emotionsvokabulare
  • Gender: Frauen oft zu mehr Maskierung gezwungen, verschlimmert Alexithymie

Verwandte Begriffe

  • Interozeption - Innere Körpersignale spüren
  • Emotionale Dysregulation - Schwierigkeit Emotionsintensität zu managen
  • Flacher Affekt - Reduzierter emotionaler Ausdruck (anders als Alexithymie)
  • Maskierung - Neurodivergente Züge verstecken, verschlimmert Alexithymie

Verwandte Begriffe

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