Autistischer Shutdown/au-TIS-ti-scher SHUT-daun/

Ein vorübergehender Verlust von Fähigkeiten, wenn das Nervensystem einer autistischen Person überlastet ist. Während eines Shutdowns wird Sprechen, Bewegen oder Reagieren extrem schwierig bis unmöglich, obwohl die Person bei Bewusstsein bleibt.

andy.alt

Andy sagt:

Stell dir vor, dein Gehirn ist ein Computer mit zu vielen offenen Programmen. Statt des dramatischen Absturzes eines Meltdowns ist der Shutdown, wenn alles einfriert. Der Bildschirm ist noch an, du siehst den Cursor, aber nichts reagiert auf Klicks. Du weißt, Menschen warten auf Antworten, du willst reagieren, aber die Verbindung zwischen Denken und Tun ist komplett unterbrochen. Es ist keine gewählte Stille—es ist aus den eigenen Kontrollen ausgesperrt sein.

Aktualisiert 2025-01-27
Quellen: Autistic Community
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Detaillierte Erklärung

Der autistische Shutdown ist eine unwillkürliche neurologische Reaktion auf überwältigenden Stress, sensorischen Input oder emotionale Überlastung. Im Gegensatz zu Meltdowns, die nach außen explodieren, implodieren Shutdowns nach innen.

Während eines Shutdowns erleben autistische Menschen:

  • Verlust der Sprache (auch wenn sie normalerweise fließend sprechen)
  • Unfähigkeit sich zu bewegen oder Handlungen zu beginnen
  • Extreme Schwierigkeiten Informationen zu verarbeiten
  • Wirken "weggetreten" oder nicht ansprechbar
  • Bewusstsein bleibt, aber Reaktion unmöglich

Shutdowns können von Minuten bis Tagen dauern, abhängig von:

  • Schwere der Überlastung
  • Verfügbare Erholungszeit
  • Umgebungsanforderungen
  • Zugang zu sicheren Räumen

Beispiele aus dem Alltag

Schule: Jana kennt die Antwort, kann aber plötzlich keine Worte formen. Die Lehrerin denkt, sie sei trotzig. Jana ist im Shutdown vom Neonlicht und Mensalärm.

Arbeit: Nach Meeting-Marathon sitzt Alex am Schreibtisch, kann keine E-Mails tippen. Kollegen denken "Faulheit". Alex erlebt einen Shutdown—bewusst der Deadlines, aber neurologisch unfähig zu handeln.

Zuhause: Sams Familie fragt beim Abendessen ständig "Was ist los?" Sam hört sie, will "zu laut" antworten, aber der Mund funktioniert nicht. Die besorgten Fragen verstärken den Shutdown.

Praktische Strategien

Während des Shutdowns (für Betroffene):

  • Nicht dagegen ankämpfen—das macht es schlimmer
  • Auf einen Sinn fokussieren
  • Vorbereitete Karten oder Handy-Notizen zur Kommunikation
  • In ruhigen, sicheren Raum wechseln

Jemanden im Shutdown unterstützen:

  • Fragen reduzieren—höchstens Ja/Nein
  • Reize senken (Licht dimmen, Geräusche reduzieren)
  • Wasser, Decke, Komfort-Gegenstände anbieten
  • Nicht ohne Erlaubnis berühren
  • Ruhig warten—Druck verschlimmert

Shutdowns vorbeugen:

  • Regelmäßige Ruhepausen einplanen
  • Reizarme Erholungsräume schaffen
  • Soziale Anforderungen begrenzen
  • Energie-Buchhaltung (was kostet/gibt Energie)

Community-Kontext

Die autistische Community unterscheidet Shutdown von Meltdown, um zu zeigen: Das sind keine Verhaltensentscheidungen, sondern unterschiedliche neurologische Reaktionen. Viele Autist*innen berichten:

  • Shutdowns folgen oft intensivem Masking
  • Können häufiger als Meltdowns sein
  • Werden oft als Unhöflichkeit missverstanden
  • Können mit dem Alter zunehmen bei Überforderung

Für Familie und Betreuer

Euer autistisches Familienmitglied ignoriert euch nicht im Shutdown—es ist neurologisch unfähig zu reagieren. Wie von jemandem mit gebrochenem Bein Laufen zu erwarten.

Wie helfen:

  • Spezifische Shutdown-Zeichen lernen
  • Ruhigen Erholungsraum schaffen
  • Nonverbale Kommunikation entwickeln
  • Haushaltsanforderungen nach überwältigenden Tagen reduzieren

Für Schule und Arbeitsplatz

Lehrkräfte: Schüler*innen im Shutdown können nicht normal teilnehmen. Ruhigen Raum bieten, Anforderungen reduzieren, alternative Kommunikation erlauben. Niemals als Trotz bestrafen.

Arbeitgeber: Mitarbeiter*innen brauchen eventuell Shutdown-Erholungszeit nach intensiven Projekten. Flexible Arbeitsgestaltung und ruhige Räume verhindern Produktivitätsverlust.

Intersektionalität & Variation

  • Alter: Kinder haben oft offensichtlichere Shutdowns; Erwachsene oft Teil-Shutdowns beim "Funktionieren"
  • Geschlecht: Weiblich sozialisierte Personen internalisieren Shutdowns oft, wirken "verträumt" statt offensichtlich behindert
  • Kultur: In kontaktfreudigen Kulturen häufigere und stigmatisiertere Shutdowns
  • Begleiterscheinungen: Angst, Depression, PTBS können Shutdown-Häufigkeit erhöhen

Verwandte Begriffe

  • Autistischer Meltdown - Explosive äußere Reaktion auf Überlastung
  • Autistisches Burnout - Langzeit-Erschöpfung durch Kapazitätsüberschreitung
  • Masking - Verstecken autistischer Eigenschaften, führt oft zu Shutdown
  • Sensorische Überlastung - Häufiger Shutdown-Auslöser

Verwandte Begriffe

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