Neuroaffirmativ/noi-ro-af-fir-ma-TIV/
Räume, Praktiken und Haltungen schaffen, die neurodivergente Menschen so akzeptieren und unterstützen, wie sie sind – statt sie zu verändern, zu „reparieren“ oder Unterschiede zu verbergen.

Andy sagt:
Stell dir einen Garten mit vielen Pflanzen vor: Du passt Licht und Wasser so an, dass jede Pflanze gedeihen kann – statt zu erwarten, dass alle wie ein Kaktus funktionieren.
Detaillierte Erklärung
Neuroaffirmativ bedeutet, Neurodivergenz als natürliche Form menschlicher Vielfalt zu betrachten – nicht als Defizit. Im Gegensatz dazu stehen „normalisierende“ Ansätze, die Menschen dazu drängen, neurotypisch zu wirken, oft durch Maskieren oder das Unterdrücken von Bedürfnissen. Neuroaffirmative Praxis stellt Würde, Zustimmung und Barrierefreiheit in den Mittelpunkt.
Typische Elemente:
- Stärkenorientierte Sprache (z.B. „anderer Lernstil“ statt „Defizit“)
- Stimming, Fidgeting oder Bewegungspausen in Schule und Arbeit erlauben
- Flexible Kommunikationswege (mündlich, schriftlich, AAC, visuell)
- Den Erfahrungsberichten neurodivergenter Menschen zuhören
- Nachteilsausgleich/Accommodations ohne Stigma anbieten
Der Begriff ist besonders verbreitet in Bildung, Therapie, Coaching und inklusiver Arbeitswelt.
Community-Kontext
In neurodivergenten Communities im deutschsprachigen Raum steht „neuroaffirmativ“ im Einklang mit dem Neurodiversitäts-Paradigma und den Rechten behinderter Menschen. Es verknüpft sich mit verwandten Konzepten wie Maskieren (Druck zum Tarnen reduzieren), Stimming (Selbstregulation zulassen), exekutiver Dysfunktion (Anfang/Planung stützen) und sensorischen Besonderheiten (Umgebungen anpassen). Viele berichten über mehr Wohlbefinden und weniger autistischen Burnout in affirmativen Umgebungen.
Kurz-Tipps
- Optionen standardmäßig anbieten (schriftlich + mündlich; Kamera optional; Ruheraum)
- Nachteilsausgleich in Richtlinien verankern statt auf Einzelbitten zu warten
- Klein starten: eine sensorische, eine zeitliche, eine informationsbezogene Anpassung
Do / Don't
- Do: gemeinsam entwickeln; Vereinbarungen dokumentieren; Wirksamkeit prüfen
- Do: Hilfsmittel als Standardoption anbieten (Timer, Kopfhörer, Sonnenbrille, UK)
- Don't: Offenlegung verlangen, um Basis‑Optionen zu erhalten
- Don't: Supports als „Gefallen“ behandeln oder als „Test“ wieder entziehen
Wissenschaftlicher Kontext
„Neuroaffirmativ“ ist ein Rahmen, keine Diagnose. Er stimmt mit Forschung zu Exekutivfunktionen‑Supports, sensorischer Zugänglichkeit und autonomie‑fördernden Praktiken überein. Evidenz zeigt, dass Accommodations und stärkenbasierte Ansätze Lernen, Arbeitsleistung und psychische Gesundheit verbessern.
Sprachliche Hinweise
Auch „neuro-affirmativ“; verwandt mit „neurodiversitäts-affirmativ“.
Verwandte Begriffe
Neurodivergent
Ein Gehirn haben, das anders funktioniert als das, was in der Gesellschaft als typisch oder "normal" gilt.
Neurotypisch
Eine typische neurologische Entwicklung und Funktionsweise haben, die mit gesellschaftlichen Normen und Erwartungen übereinstimmt.
Maskieren
Bewusstes oder unbewusstes Verbergen der eigenen neurodivergenten Eigenschaften, um sich an neurotypische Erwartungen anzupassen.
Stimming
Wiederholte Körperbewegungen oder Geräusche, die helfen, sensorische Eindrücke und Emotionen zu regulieren.
Exekutive Dysfunktion
Schwierigkeiten mit mentalen Fähigkeiten wie Arbeitsgedächtnis, flexiblem Denken und Selbstkontrolle.
Sensorische Verarbeitungsstörung
Ein Zustand, bei dem das Gehirn Schwierigkeiten hat, Informationen zu empfangen und darauf zu reagieren, die über die Sinne kommen.
Body Doubling
Eine Produktivitätsstrategie, bei der eine andere Person neben dir arbeitet, um dir zu helfen, dich auf eine Aufgabe zu konzentrieren.
Spezialinteresse
Eine intensive, fokussierte Leidenschaft für ein bestimmtes Thema, oft ein Kennzeichen von Autismus.
Zeitblindheit
Schwierigkeit, den Verlauf der Zeit wahrzunehmen oder einzuschätzen, wie lange Aufgaben dauern werden.
Autistischer Burnout
Ein Zustand intensiver körperlicher, geistiger und emotionaler Erschöpfung, den autistische Menschen erleben.
Nachteilsausgleich
Anpassungen von Umgebung, Werkzeugen, Zeit oder Erwartungen, die Barrieren abbauen und gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen.
Quellen
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