Spezialinteresse/schpe-tsi-AL-in-te-res-se/
Eine intensive, fokussierte Leidenschaft für ein bestimmtes Thema, oft ein Kennzeichen von Autismus.

Andy sagt:
Es ist wie ein Lieblingshobby, das du so sehr liebst, dass du stundenlang darüber reden könntest und ein Mini-Experte darin wirst. Es ist eine große Quelle der Freude und des Wissens!
Detaillierte Erklärung
Ein Spezialinteresse, oft als "SpIn" abgekürzt, ist ein tiefes und hochfokussiertes Interesse an einem bestimmten Thema. Diese Interessen sind ein zentraler Teil der autistischen Erfahrung und können eine großartige Quelle des Lernens, der Fähigkeitsentwicklung und der Freude sein. Sie unterscheiden sich von typischen Hobbys durch ihre Intensität und die Tiefe des Wissens, das die Person erwirbt.
Community-Kontext
Innerhalb der autistischen Community im deutschsprachigen Raum werden Spezialinteressen als Stärke gefeiert. Sie können zu Karrieren führen, Trost spenden und sind eine Möglichkeit, sich mit anderen zu verbinden, die dieselbe Leidenschaft teilen. Der Begriff wird gegenüber den pathologisierenden "eingeschränkten" oder "fixierten" Interessen bevorzugt.
Praktische Strategien
- Routinen rund um das Interesse aufbauen, um Motivation für schwierigere Aufgaben zu unterstützen
- Das Interesse als Brücke nutzen: projektbasiertes Lernen, Praktika, AGs/Vereine
- "Interessen-Fenster" im Tagesablauf einplanen, um tiefes Eintauchen zu ermöglichen ohne das Zeitgefühl zu verlieren
- Für Betreuungspersonen/Lehrkräfte: Interesse in Unterricht, Belohnungen und Kommunikation integrieren
- Für Arbeitgeber*innen: Aufgaben nach Stärken ausrichten und Fokuszeiten ermöglichen
Nach Altersstufen
- Kinder: Interessen in Lesen, Mathematik und Sozialgeschichten einbinden
- Jugendliche: Interessen für Portfolio-Projekte, Ehrenamt und Identitätsbildung nutzen
- Studierende: Interessen in Forschungsarbeiten oder Abschlussprojekte überführen
- Erwachsene: Berufe, Nebenprojekte oder Communities suchen, die zum Interesse passen
Mythen vs. Fakten
- Mythos: "Spezialinteressen sind problematische Obsessionen und sollten reduziert werden."
- Fakt: Sie sind intrinsische Motivatoren und Lernmotoren; sinnvoll ist die Unterstützung gesunder Grenzen statt Unterdrückung.
- Mythos: "Nur autistische Menschen haben Spezialinteressen."
- Fakt: Viele Menschen haben Leidenschaften; Intensität und regulatorische Funktion unterscheiden SpIns häufig im Autismus.
Wann zusätzliche Unterstützung sinnvoll ist
- Wenn der Zugang zum Interesse vor allem zur Bewältigung chronischer Belastung oder Maskierungs-bedingtem Burnout genutzt wird
- Wenn eingeschränkter Zugang starke Angst oder Dysregulation auslöst
- Wenn Schule/Arbeit die angemessene Integration stigmatisiert oder blockiert – dann sind Advocacy und Nachteilsausgleich/Assistenzthemen relevant
Weiterführende Ressourcen (DACH)
- Autistic Self Advocacy Network (ASAN) und lokale Autismus-Verbände
- Beratungsstellen für Inklusion/Teilhabe; schulischer Nachteilsausgleich
- Materialien zu projektbasiertem Lernen (z.B. von Schulministerien, Universitäten)
Verwandte Begriffe
Hyperfokus
Ein intensiver Konzentrationszustand auf ein einzelnes Interesse oder eine Aktivität, oft unter Ausschluss von allem anderen.
Infodumping
Begeistert eine große Menge an Informationen über ein Spezialinteresse auf einmal teilen.
Neuroaffirmativ
Räume, Praktiken und Haltungen schaffen, die neurodivergente Menschen so akzeptieren und unterstützen, wie sie sind – statt sie zu verändern, zu „reparieren“ oder Unterschiede zu verbergen.
Monotropismus
Ein Modell, nach dem autistische Aufmerksamkeit sich tief auf wenige Interessen richtet und dadurch Wahrnehmung, Lernen und Überforderung prägt.
Quellen
Hilf dabei, diesen Begriff zu verbessern
NDlexicon wird von der Community getragen. Deine Beiträge helfen dabei, Definitionen genauer und zugänglicher zu machen.